An der Brust des Herrn. Mütterliche Gesten in christlichen Gottesbildern des 16. und 17. Jahrhunderts

Torben Hanhart, MSt

Das Dissertationsprojekt widmet sich Darstellungen des christlichen Gottes aus dem 16. und 17. Jahrhundert, in denen die Gestik der trinitarischen Personen mütterliche Ikonographien aufruft. Besprochen werden etwa Darstellungen, in denen die Zuwendung Christi an Gläubige mit dem Stillen eines Kindes in Analogie gesetzt wird. Zentraler Gegenstand der Betrachtung sind Arbeiten aus Italien und Flandern, unter besonderer Berücksichtigung der Societas Iesu.
Das Projekt fragt, welche Gottesbilder sich entlang der bemerkenswerten Nahbarkeit und Intimität von Vater und Sohn entfalten, die in diesem Korpus zum Ausdruck kommen. Von besonderem Interesse ist das ihnen zugrundeliegende Verhältnis zwischen Gott und Mensch – wodurch nicht zuletzt die Frage des Umgangs von Betrachtern und Betrachterinnen mit diesen intimen Darstellungen berührt wird. Hierzu wird auch herausgearbeitet, in welchem Verhältnis das Korpus zu mütterlichen Beschreibungen Gottes in Schriftquellen steht, die in der Bibel und zeitgenössischen Texten zu finden sind.
Das zweite Hauptaugenmerk der Recherche liegt auf der Verortung des Korpus in seiner zeitgenössischen visuellen Kultur. Dabei wird neben den Vorstellungen von Vaterschaft und Männlichkeit, die aus den Gesten der trinitarischen Personen sprechen, insbesondere ihr Verhältnis zu Maria einer vertieften Untersuchung zugeführt. Bereits vorliegende Forschungsergebnisse zu ähnlichen Darstellungen in der visuellen Kultur der Reformation, die von einer Verdrängung Marias aus den betreffenden religiösen Symbolsystemen ausgehen, werden mittels dieser Untersuchung von Gottesbildern und Marienverehrung im Katholizismus um eine neue Perspektive erweitert.

 

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