Collezione romana

Die Bibliotheca Hertziana besitzt den weltweit besten Bestand an Romführern, an denen sich die Veränderungen der Stadt und ihrer Wahrnehmung über die Jahrhunderte hinweg ablesen lassen. 
Ludwig Schudt (1893–1961), der erste Bibliothekar der Hertziana, hat die Sammlung der Guidenliteratur systematisch ausgebaut und 1930 in seinem bibliographischen Standardwerk Le Guide di Roma publiziert. Über die digitale Version des Buches gelangt man zu den Exemplaren im Bestand der Hertziana, ergänzt durch solche aus anderen Bibliotheken. Diese Guiden wurden mit Strukturdaten versehen und sind ebenfalls über den dlib-Viewer zugänglich. Bis zum Erscheinungsjahr 1950 wurden diese Romführer mit dem Zusatz Coll. rom. versehen und separat aufgestellt. Sie sind im OPAC über diesen Signaturen-Zusatz suchbar, generell auch mit den Schlagworten „Rom“ und „Führer“ (spezifizierbar etwa auch noch durch weitere Begriffe wie „Antike“ oder „Wallfahrt“). Romführer ab 1950 befinden sich in der Freihandaufstellung ab der Signatur Dg 450–5510. Zu den wertvollsten Exemplaren der Collezione romana gehören einige Inkunabeln.


Das kleine Büchlein, katalogisiert unter dem Textanfang „In isto opusculo dicitus quomodo Romulus“ ist die derzeit älteste illustrierte Inkunabel der Bibliothek. Es gehört zu den ersten Romreiseführern, die unter der Bezeichnung Mirabilia Urbis Romae geführt werden und in zahlreichen Ausgaben kursierten. Die vorliegende vereint den Abriss der Geschichte Roms mit der Liste der Kirchen und ihren Indulgenzen. Sie wird um 1482–1485 datiert und dem deutschen Drucker Bartholomäus Guldinbeck zugeschrieben, der 1475–1488 in Rom wirkte. Die beiden Holzschnitte, die Rea Silva und die Lupa mit Remus und Romulus sowie die Weisung der Vera Icon zeigen, finden sich identisch in den um 1475–1479 auf Deutsch verfassten und als Blockbuch gedruckten ältesten Mirabilia, sind aber jeweils rechts am Rand etwas beschnitten.

Dg 450-950 Coll. rom. IV

Digitalisat


Giuliano Dati (ca. 1445–1523) war ein in Florenz gebürtiger Theologe und Dichter, der sich das neue Medium der Druckgraphik zu Nutze machte. Neben Heiligenlegenden und historischen Werken übertrug er etwa auch den Brief über die Entdeckungen von Kolumbus (1493) in Verse (La lettera dell’isole che ha trovato nuovamente el re di Spagna). Von 1485 bis zu seinem Tod lebte er in Rom und widmete der Stadt mehrere Publikationen, etwa 1495 dem Hochwasser und 1496 dem Passionsspiel im Kolosseum. Auch die Indulgenzen, die Pilger*innen den Weg in die Kirchen weisen sollten, brachte er in Versform. Hier kommt seine unmittelbare Ortskenntnis in Vermerken über den Zustand der Kirchen und deren Ausstattung zum Ausdruck. Das Exemplar der Bibliotheca Hertziana ist in keinem Verzeichnis nachgewiesen. Es handelt sich nicht um einen der Drucke von Andreas Fritag, der in Rom mehrere Bücher von Dati herstellte. Aber sein Exemplar desselben Textes von 1492 (GW 8007 / ISTC id00048300) diente wohl insofern als Vorbild, als sich der anonyme Drucker an dem Titelbild inspirierte, das den thronenden Gregor den Großen flankiert von drei Klerikern zeigt, während er drei knienden Personen einen Rotulus überreicht. Es erscheint hier seitenverkehrt und in anderer Rahmung, wobei unten anstelle von Datis Wappen eine Imago pietatis, oben anstelle der Inschrift „S. Gregorius“ eine Vera Icon zu sehen ist. Darüber ist der Titel „Statione Indulgetie et reliqe di Roma scta“ hinzugefügt. Möglicherweise handelt es sich also um eine Art Raubdruck, der den Verweis auf den Autor absichtlich unterdrückt. 

Dg 450-950 Coll. rom. IV

Digitalisat

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