Transkulturelle Verhandlungen: Adelsgrabmäler in Neapel in der Zeit der spanischen Vizekönige

Dr. Anna Magnago Lampugnani

Rund zwei Jahrhunderte (1503–1713) lang stand das Vizekönigreich Neapel unter spanischer Herrschaft. Die historische Forschung hat sich intensiv mit dieser Zeit beschäftigt, und während einige Autor*innen vor allem die Unterdrückung durch die Hegemonialmacht betonen, haben andere auch auf die relative Autonomie der Neapolitaner oder auf ihre Zusammenarbeit mit den Spaniern hingewiesen. Ist eine klare Trennung zwischen Fremd- und Lokalmacht bereits auf politischer Ebene schwierig, wird sie vollends problematisch, wenn man sie auf Kultur und Kunst dieser Zeit anwenden will. Die sogenannte „Italia Spagnola“ stand schon seit der Inbesitznahme der Stadt durch Alfons V. von Aragón in der Mitte des 15. Jahrhunderts in einem ständigen Sprach- und Kulturkontakt mit der iberischen Halbinsel. Das komplexe Verhältnis zwischen dem Spanischen Vizekönigreich und Neapel bzw. Süditalien ist nicht als einseitige Akkulturation, Transfer oder Einfluss zu beschreiben: Kultur ist keine ‚Ware‘, die von einem Land, von einer Region in die nächste übertragen wird. Aus diesem Grund ist auch die neapolitanische Kunst dieser Zeit in transkultureller Perspektive zu betrachten. Dieser Hypothese wird anhand der Untersuchung von Adelsgrabmälern nachgegangen, die in der ersten Zeit des Spanischen Vizekönigtums in Neapel entstanden (1503–1550). Diese Monumente sind auch deshalb besonders interessant, als sich die Adelsfamilien zunehmend im neuen Mächtegleichgewicht behaupten, aber vor allem das Gedächtnis der eigenen Familie konstruieren mussten. Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die Frage, wie die Monumente in den Prozess der Konstruktion kultureller Identitäten und Alteritäten involviert waren und diesen mitgestalteten.

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