Domenico Anderson

Domenico Anderson (1854–1938), führte das von seinem Vater James gegründete Fotoatelier in Rom ab 1877 bis zu seinem Tode 1938 weiter. Eine seiner großen Unternehmungen ist die Fotokampagne in der Cappella Sistina, die er zwischen 1902 und 1904 für den befreundeten Kunsthistoriker Ernst Steinmann durchführte, der in dieser Zeit sein zweibändiges Werk Die Sixtinische Kapelle verfasste. Der reiche und sehr sorgfältig hergestellte Bildteil mit zahlreichen Details bedeutete eine Herausforderung für die Fotografie und Buchproduktion der Jahrhundertwende. Anderson hat diese Arbeit mit großem persönlichem Einsatz und Perfektion ausgeführt, wie Steinmanns lobende Worte in der Einleitung belegen: "Fast ein Jahr hat er auf schwindelnden Gerüsten in der Sixtina gearbeitet, um die herrlichen Aufnahmen herzustellen, welche dieser Publikation einen Teil ihres originellen Wertes verleihen." Anderson selbst schrieb dazu dreißig Jahre später: "Als ich mit der ersten Arbeit an der Decke begann, stand mir nichts anderes als das Sonnenlicht zur Beleuchtung der Fresken zur Verfügung, weshalb so viel Zeit vonnöten war, denn die Lichtstrahlen mussten mit Hilfe von Spiegeln und Reflexen projiziert werden, und die Arbeit außerdem auf einem Holzgerüst unternommen werden, was ein langsames Vorankommen durch die zur Ausführung der einzelnen Teile erforderlichen Verschiebungen mit sich brachte. Zugleich erlaubte die einfache Möglichkeit der Projektion des Lichts aber die vollständige Aufnahme aller Details, die für die Illustration des oben genannten Werks [von Ernst Steinmann] erforderlich waren." Diese Fotografien eröffneten neue Forschungsgrundlagen. Steinmann dienten sie auch als Vorlagen für die Rekonstruktion der Tagewerke, die er auf den Abzügen einzeichnete und für weitere Untersuchungen umzeichnen ließ.

Auch die neuen Reproduktionstechniken machten die Bände zu Meisterwerken der Buch- und Kunstgeschichte. Dazu Steinmann: "Die fünf Farbtafeln der Mappe dürften sich im Allgemeinen auf der Höhe dessen halten, was mit modernen Mitteln heute in der farbigen Reproduktion geleistet werden kann. Drei Tafeln hat die Verlagsgesellschaft Bruckmann übernommen; die Delphica wurde unter besonderer Leitung des Herrn Geheimrat Roese in der Reichsdruckerei zu Berlin ausgeführt; die Libica ist von der Firma Giulio Danesi in Rom hergestellt worden. Da bei der schwindelnden Höhe der Fresken an der Wölbung der Decke eine mechanische Reproduktion unmöglich war, mussten als Vorlagen aquarellierte Salzkopien dienen, welche der römische Maler Carlo Tabanelli auf einem eigenen Gerüst in der Sixtina nach den Originalen hergestellt hat. Natürlich konnte bei solchem Verfahren nicht überall dieselbe künstlerische Qualität erreicht werden. Es schien daher geboten, dem Farbendruck jedesmal einen Lichtdruck beizugeben."

Zitate aus: Ernst Steinmann, Die Sixtinische Kapelle, Bd. 2 Michelangelo, München 1905; Domenico Anderson, "Relazione sul lavoro fotografico del Giudizio Universale di Michelangelo alla Cappella Sistina", 20. Oktober 1933 (Rom, Bibliotheca Hertziana, Archiv)

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