
Neapel neu sehen
Jan van Stinemolens gezeichnetes Neapel-Panorama (1582)
Im Jahr 1582 zeichnete der niederländische Künstler Jan van Stinemolen ein Panorama Neapels mit Blick vom Land aufs Meer und kehrte damit die traditionelle Ansicht der Stadt vom Meer aus um. Diese atmosphärische Zeichnung, die Neapel aus nordöstlichem Blickwinkel zeigt, verbindet hohe topographische Detailgenauigkeit mit suggestiven Effekten der Landschaftsmalerei. Durch die Kombination mehrerer Perspektiven zu einem sehr weiten Panorama entsteht ein 'unmöglicher Blick', der die Einbettung der Stadt in Natur und Umgebung thematisiert. In Ermangelung einer Legende wurden die Bauten im Abgleich mit anderen Karten und schriftlichen Quellen annotiert.
Stinemolens Panorama von Neapel ist selbst für Kenner der neapolitanischen Topographie schwer zu lesen und wurde – obwohl der Forschung hinlänglich bekannt – nie eingehend untersucht. Die große Zeichnung, die in der Albertina in Wien aufbewahrt wird, wurde digitalisiert und von Spezialisten der Abteilung Michalsky kontinuierlich kommentiert. Ziel des Gemeinschaftsprojekts ist es, diese Ansicht topographisch zu entschlüsseln, sie als eigenständiges Werk eines kosmographisch interessierten Zeichners zu interpretieren und sie in den Kontext der Tradition der niederländischen Landschaftsmalerei und Stadtansichten zu stellen.