Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg (1933–1953)

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland empfahl das Auswärtige Amt der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft die Berufung des Kunsthistorikers und NSDAP-Mitglieds Werner Hoppenstedt zum stellvertretenden Direktor der Bibliotheca Hertziana und Nachfolger Ernst Steinmanns. Dieser sollte als Mittelsmann zwischen der NSDAP und der faschistischen Partei auf kulturpolitischem Gebiet in Rom wirken. Steinmann, der nach einer testamentarischen Verfügung von Henriette Hertz berechtigt war, seinen Nachfolger zu bestimmen, versuchte die Berufung Hoppenstedts zu verhindern und schlug stattdessen den Leipziger Ordinarius für Kunstgeschichte, Leo Bruhns, vor. Der Konflikt konnte nur durch die Gründung einer zweiten "Kulturwissenschaftlichen Abteilung" unter der Leitung Hoppenstedts beigelegt werden, nicht verhindert wurde die der nationalsozialistischen Ideologie und Propaganda geschuldete Veränderung des Institutsnamens, der von der jüdischen Stifterin bestimmt worden war und der dem Gedenken ihrer selbst und ihrer außerordentlichen Schenkung diente. Die neue „Kulturwissenschaftliche Abteilung“ sollte weniger der kunsthistorischen Forschung als der Vermittlung von deutscher Kultur und "deutschem Geist" im faschistischen Italien dienen. Der Bestand der Bibliothek wurde um nationalsozialistische Trivialliteratur erweitert, die jedoch nach Kriegsende wieder aus der Bibliothek entfernt wurde. Der Bestand in der kunstwissenschaftlichen Abteilung unter der Leitung von Leo Bruhns wuchs bis zum Herbst 1943 auf knapp 40.000 Bände an. In der Fotothek kamen ab den 1930er Jahren neue Bereiche wie die Kunst des Mittelalters, Architektur und Skulptur hinzu, die zudem durch Fotokampagnen wissenschaftlicher Mitarbeiter ausgebaut wurden. Schon bis Mitte der 1930er Jahre war so eine mit ihrem reichen Bestand herausragende Fotografiensammlung entstanden, die als eine für alle Forscher des Instituts frei zugängliche und gemeinsam mit den Buchbeständen konsultierbare Studiensammlung in dieser Zeit einzigartig war.

Am 1. Oktober 1934 trat Leo Bruhns die Nachfolge Steinmanns als Direktor der "Kunstwissenschaftlichen Abteilung" des Instituts an, das nun seit Juli 1934 den offiziellen Titel "Kaiser-Wilhelm-Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft (Bibliotheca Hertziana)" trug. Die beiden Abteilungen bestanden nebeneinander: Hoppenstedt agierte einerseits im Sinne der nationalsozialistischen Parteipolitik, andererseits bemühte er sich darum, seiner Abteilung den Schein wissenschaftlicher Seriosität zu geben, indem er auch renommierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen einstellte oder als Vortragende einlud.

Leo Bruhns hingegen setzte sich für die Ausweitung des Instituts als Forschungs- und Ausbildungsstätte ein und organisierte gemeinsam mit dem Florentiner Institut (KHI) wissenschaftliche Exkursionen, Vorträge, Führungen und sogenannte Schulungsfahrten zur Förderung des Nachwuchses. Der ursprünglich kosmopolitische Ansatz sollte nach Anordnung des Ministeriums zugunsten von deutsch-nationalen Forschungsthemen – wie der Untersuchung der "Zusammenhänge italienischer und deutscher Kunst" – zurückgenommen werden. Mit der Erweiterung der Forschungsthemen um die vermeintlich "deutsche Kunst" der Hohenstaufen in Süditalien gelang es zwar, die Bibliotheca Hertziana vor der kompletten Vereinnahmung durch den nationalsozialistischen Staat zu bewahren, die Tilgung des Namens der jüdischen Stifterin im Jahr 1938 und ein Einstellungsverbot für jüdische Kunsthistoriker konnte Bruhns jedoch nicht verhindern.

1944 wurde der gesamte Buchbestand – entgegen der testamentarischen Bestimmung von Henriette Hertz und gegen den Willen von Leo Bruhns – nach Hallein in Österreich ausgelagert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die deutschen Forschungsinstitute in Rom von den westlichen Alliierten beschlagnahmt und erst durch das am 30. April 1953 geschlossene Abkommen Adenauer-De Gasperi zwischen Italien und Deutschland an die Bundesrepublik zurückgegeben.

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